Freiwilligenarbeit in einem fremden Land. Es gibt viele Gründe dafür, sich in einem anderen Land freiwillig zu betätigten.
Einer mag sein, dass du in einem Entwicklungsland, aus einer Industrienation kommend, helfen möchtest. Dies wird der Grund Nummer 1 sein. Du möchtest etwas Sinnvolles leisten und als Person wachsen. Mit einem solchen Einsatz praktisch zwangsläufig einhergehend ist, dass du dich mit der hiesigen Kultur sowie Sprache auseinandersetzen musst.
Wir haben eine Freiwilligenarbeitende, Carina, dazu befragt, wie ihre Erfahrungen mit dem Thema hier in Costa Rica sind.
Motivation
Carina, bitte stell‘ dich kurz vor.
Ich bin 20 Jahre alt und komme aus Dresden, lebe seit August 2016 in Costa Rica und werde wahrscheinlich im Februar 2018 wieder zurück müssen. Ich liebe Sport, Autos und neue Kulturen und Orte entdecken, weshalb ich mich nach dem Abitur für einen Freiwilligendienst in Costa Rica entschied.
Wieso Freiwilligenarbeit?
Mir war bereits seitdem mein Bruder nach der 10. Klasse in den USA ein „High-School Year“ gemacht hat klar, dass ich auch gern ins Ausland gehen wollen würde. Nach der 10. Klasse hat dies bei mir jedoch nicht funktioniert und so stand schnell fest, dass es nach dem Abitur sein wird und da ich während der Abiturphase schon viel freiwillig gearbeitet habe und sehr viel Spaß daran fand, entschied ich mich dies auch im Ausland machen zu wollen.
Wie bist du auf Costa Rica gekommen?
Mein Freiwilligendienst wird durch das Förderprogramm „weltwärts“ unterstützt und von der Organisation „ICJA“ bzw der costa-ricanischen Partnerorganisation „ACI“ angeboten. Diese haben verschiedenste Naturprojekte in Costa Rica zur Auswahl, welche mich besonders gereizt haben.
Hast du dich für Costa Rica entschieden vor oder nach deiner Entscheidung Freiwilligenarbeit zu leisten?
Zuerst entschied ich mich für einen Freiwilligendienst, wobei ich bei der Bewerbung dafür immer als Favorit bei der Länderwahl Costa Rica angab.
Was sind deine Aufgaben in der Freiwilligenarbeit, die du hier leistest?
Ich arbeite in einer Grundschule und meine Aufgaben sind sehr unterschiedlich, da ich gern in allen Bereichen meine Hilfe mit einbringen möchte. Am Anfang, als meine Spanischkenntnisse noch sehr gering waren, habe ich sehr viel Unterrichtsmaterialien angefertigt oder in der Küche mitgeholfen. Mit der Zeit hat sich nun mein Aufgabenfeld sehr erweitert. Nun unterrichte ich Englisch, assistiere von der Vorschule bis zur 6. Klasse in allen Fächern und unterstütze die Direktorin, wobei ich auch weiterhin dieselben Aufgaben wie am Anfang erledige.
Was daran gefällt dir besonders und was weniger?
Besonders mag ich die Abwechslung. Ich arbeite mit allen Klassen und Kollegen zusammen, weshalb es nie eintönig oder langweilig wird. Nicht so zufrieden bin ich, dass ich teilweise die komplette Unterrichtsvorbereitung für einige Lehrer mache, weshalb u.a. der Kopierer nun auch ein guter Freund von mir ist. 😉
Denkst du dein Arbeitgeber müsste etwas an Geld an dich abgeben, unter Einbezug der Arbeiten, die du mittlerweile ausübst? Unterrichtshilfe z.B.?
Da ich von Anfang an einen Freiwilligendienst ohne Bezahlung machen wollte, habe ich noch nie darüber nachgedacht. Ich wollte nach dem Abitur ins Ausland und da am liebsten Kindern helfen. Dies tue ich nun auch und natürlich mit der Zeit immer mehr. Costa Rica hat das beste Bildungssystem ganz Lateinamerikas und ich bin stolz darauf momentan ein Teil davon zu sein. Auch in Deutschland gibt es die Möglichkeit für junge Menschen freiwillig zu arbeiten und z.B. in Grundschulen mitzuhelfen und dort auch bestimmte Arbeiten komplett mit zu übernehmen. Daher finde ich es absolut legitim kein Gehalt zu erhalten. Ich lerne jeden Tag so viel Neues, nicht nur sprachlich sondern auch erfahrungstechnisch.
Was würdest du jemandem sagen, der nach Costa Rica gehen und Freiwilligenarbeit leisten möchte?
Bitte sei dir bewusst, dass du mit 2 Wochen Freiwilligenarbeit nicht ganz Costa Rica ändern wirst. Auch ich musste feststellen, dass ich selbst innerhalb meines Projekts keine Welten verändern werde. Die Projekte gab es vor einem und wird es auch danach noch geben, meistens mit wieder neuen Freiwilligen, daher sollte man vor allem versuchen in seiner Zeit sich bestmöglich mit einzubringen. Überlege also vorher ob es wirklich sinnvoll ist. Ich persönlich empfehle sich bei Freiwilligenarbeit mindestens 3 Monate Zeit zunehmen, um das Projekt kennenzulernen und sich danach mit einzubringen. Das kommt natürlich auch immer auf das Projekt an und ist für jede Zielgruppe individuell zu sehen.
Das Leben in Costa Rica
Wie lebst du hier vor Ort?
Ich lebe bei einer Gastfamilie, welche aus meiner 3-jährigen Gastschwester, Gastmutter und natürlich –Vater besteht. Mit denen verstehe ich mich super und die Atmosphäre des Zusammenlebens ist meistens entspannt, da wir nun nach 1 Jahr uns auch schon echt gut kennen.
Die Leute hier in Costa Rica, wie sind die so?
Wesentlich entspannter, familienverbundener und spontaner als Deutsche. Es gibt einen enormen Unterschied auch innerhalb Costa Ricas. So sind Ticos von der Karibikküste noch entspannter und die Hauptstadtbewohner schon sehr amerikanisiert, aber insgesamt kann man sagen, dass alle ihr Lebensmotto Pura Vida im Herzen tragen und leben.
Wie sieht’s mit Spanisch aus?
Ich bin hierhergekommen mit überhaupt keinen Spanischkenntnissen. Mittlerweile funktioniert es ganz gut. Ich bin zwar vor allem mit der Grammatik teilweise noch sehr unsicher und auch wenn ich neue Leute kennenlerne verstehe ich nicht gleich alles, aber in meinem Alltag komme ich sehr gut zurecht und lerne jeden Tag was dazu.
Lies hier mehr zum Thema „Spanisch lernen in Costa Rica“ oder sieh dir unseren Tipp zum „Spanisch Crashkurs“ an.
Wie genau unterhältst du dich selbst hier in Costa Rica?
Ich war während meiner gesamten Abiturzeit in Deutschland arbeiten und habe dadurch ein bisschen was gespart. Außerdem bekomme ich von meiner Organisation ein monatliches Taschengeld.
Was vermisst du aus der Heimat?
Zunächst ganz banale Dinge, wie Quark, Schwarzbrot oder Nutella, aber natürlich auch meine Familie, Freunde und Hobbys in Deutschland.
Und was vermisst du nicht aus Deutschland?
Den Alltag der gestressten Deutschen und das Leben, welches einen ganz anderen Rhythmus hat.
Wie lange warst du bereits hier und wann geht’s ab nach Hause?
Ich bin nun genau ein Jahr hier und ursprünglich war dieser Freiwiligendienst auch nur für 12 Monate geplant, da es mir jedoch so gut hier gefällt und ich mir momentan absolut nicht vorstellen kann, wieder zurück zu kehren, werde ich noch 6 weitere Monate hier bleiben.
Wieso würdest du wiederkommen?
Weil ich die Kultur und die Menschen, mit ihrem Lebensstil einfach so sehr ins Herz geschlossen habe und ihn wesentlich angenehmer finde, als den in Deutschland.
Lies hier: „Zu Gast bei Ticos“.
Costa Rica – sehenswert?
In einem Wort, wie beschreibst du Costa Rica?
Traumhaft.
Welche Orte in Costa Rica kennst du?
Die Liste würde sehr lang werden. Um es kurz zu fassen kann ich sagen, dass ich alle großen Touriregionen gesehen habe und auch außerhalb der Tourispots bereits einiges entdecken konnte und lieben gelernt habe.
Welcher Ort, abseits der Tourispots, wäre dein Geheimtipp für jemanden, der hierhin kommt?
Ein glücklicherweise nicht so überlaufener Tourispot und mein Lieblingsort in Costa Rica bisher ist definitiv die Halbinsel Osa. Da natürlich der Corcovado Nationalpark, besonders empfehle ich da die Küstenwanderung von Carate nach Sirena zu machen und sich auch ausserhalb des Parks länger aufzuhalten, also z.B. in Puerto Jiménez eine Kanutour zu machen und den Sonnenaufgang in Cabo Matapalo mitzuerleben. So ist Osa ein Erlebnis für sich, auch ausserhalb des Nationalparks, denn auch die „andere“ Seite mit der Bucht um Drake, hat super schöne Strände und einfach atemberaubene Flora & Fauna.
Freiwilligenarbeit ist freiwillig
Für uns persönlich ist Freiwilligenarbeit stets ein zweischneidiges Schwert. Warum zweischneidig?
Klar, dir ist bewusst, wenn du dich für Freiwilligenarbeit interessierst, dass du dies freiwillig tust. Keine Bezahlung also. Für uns stellt sich dann zeitgleich jeweils die Frage zum Empfänger der Freiwilligenarbeit, sollte jener etwas bezahlen müssen? Oder besser: Wäre jener nicht in der Lage etwas zu bezahlen?
Es ist wichtig, dass du dich gut informierst und mit Programmen zusammen arbeitest, denen du vertrauen kannst. Wie dies Carina tat mit Programmen, die mit Geldern aus der Heimat gezielt unterstützt werden. Die Kontrolle der jeweiligen Behörde und das gezielte Unterstützen von Bereichen eines Landes, welches nicht über dieselben finanziellen Mittel verfügen wie ein Industriestaat, sind unabdingbar. Ist dies gegeben, finden auch wir, lohnt sich Freiwilligenarbeit.
Wie Carina es schön verpackt hat: Mit der freiwilligen Arbeit in einem fremden Land, kommst du nicht nur mit der Kultur, den Menschen in Berührung und kannst dir Kenntnisse in der Sprache aneignen, du wächst zusätzlich als Mensch. Und dies ist unbezahlbar.
An der Stelle auch besten Dank an Carina für das Teilen ihrer Erfahrung mit dir.
Aufenthaltsbewilligung
Carina arbeitet in Costa Rica mit einer speziellen Aufenthaltsbewilligung, die ihr mittels ihrer Organisationen in Deutschland und hier vor Ort organisiert wurde. Sie ist ein Jahr gültig. Dadurch, dass der Prozess sehr lange dauert, kann sie schlussendlich von einem Aufenthalt von 1.5 Jahren profitieren.
Leider musste auch Carina persönlich bei den entsprechenden Ämtern vorbei gehen. Zweimal sogar.
Lies hier mehr zu Aufenthaltsbewilligungen in Costa Rica.
Weiterführende Links
Zum Thema passende Links sind die folgenden zwei. Carina hat persönlich mit diesen Organisationen nur gute Erfahrungen gemacht und sie können somit empfohlen werden.
weltwärts – Vermittlung von entwicklungspolitischen Freiwilligendiensten
Klicke hier: weltwärts
ICJA – Freiwilligenaustausch weltweit
Klicke hier: ICJA – Freiwilligenaustausch weltweit
Fazit
Du siehst, dass mit der richtigen Vorbereitung, den nötigen Abklärungen sowie einer Portion Mut, Freiwilligenarbeit einen positiven Einfluss, nicht nur auf die Unterstützten, doch auch auf dich als Person haben kann.
Pura vida!
Fasziniert von Costa Rica?
Uns geht es genau so. Darum leben wir hier!
Du möchtest das Land und die Leute kennen lernen?
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